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Swift as a shadow, short as any dream, brief as the lightning in the collied night// kurz wie ein Traum ungreifbar wie ein Schatten, schnell wie ein Blitz in kohlpechschwarzer Nacht..., so charakterisiert Lysander in Shakespeares Mittsommernachtstraum die Liebe und die mit gelben Blüten bekränzten und in durchsichtigen, bestickten Hemdchen gekleideten Mädchen, mythische, auf der Mondwiese tanzende Geschöpfe in der Johannisnacht.

Elfen, Elben oder Alben heißen sie in Mittel-und Nordeuropa, in Deutschland, England Irland, Wales und Skandinavien, im Baltikum, in Polen. Albele, Drăgaicele, Rusaliile, Sânzienele in Rumänien. Die traditionelle Feier der Mittsommernacht, als magischste Nacht des Jahres, als Nacht des Liebesfeuers, wenn der Himmel sich öffnet und der göttliche Freudentaumel die Menschen berührt, stammt vermutlich aus Indien; man erinnere sich an das einzigartige Fest der Farben, das Kumb-Mela.

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Heute wird der 24. Juni eher als die Geburt Johannes‘ des Täufers begangen, wie im Lukasevangelium angedeutet.

Die „Sânziene“ leben, so die Legende, in der Luft, in dunklen Wäldern, in Felsgrotten, auf den einsamen Höhen der Berge. Manchmal baden sie nackt  bei Mondschein in einer Waldquelle, stehen, warnen, locken oder erschrecken den Wanderer an Kreuzwegen. In der Johannisnacht aber, tanzen sie die „Hora“, ähnlich dem Reigen der Baccanten, und oft entwenden sie aus den Mitgifttruhen rumänischer Bauernmädchen eine luftige „Ie“, als liebstes und einziges Gewand.

Sie erscheinen selten allein, fast immer in kleinen Gruppen. Auch „Iele“ werden sie genannt, die archaisierende Mehrzahl von „ea“, das rumänische „sie“, Königstöchter (Domnite), die Stolzen (Mândrele), die Töchter des Walddickichts (Fetele Codrului), die Kaiserinnen der Lüfte. (Împărătesele Văzduhului).

Sie sind jung, sie sind anmutig, sie sind verführisch, sie sind wollüstig und …unsterblich.

Wenn sie zu intensiv, vor allem von den jungen Burschen angestarrt oder bei ihrer nächtlichen „Hora“ gestört werden, kann es sehr wohl sein, dass sie zu rachelüstigen bösen Feen werden. Irgend ein Dichter hat die Sânziene in Aufruhr mit den römischen Furien verglichen.

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Auf jeden Fall sollten, vor allem junge, ledige Frauen sich in der Johannisnacht einen Kranz aus gelben Sânziene, dem gelben, stark duftenden Galium Verum, dem Unkraut der Sehnsucht, flechten und sich ihn aufs Haar setzen. So könnten sie, falls sie vor dem Schlafengehen den Kranz unters Kopfkissen tun und des Nachts eine „ie“, das von den Sânziene geklaute Hemd-Gewand tragen, den vom Schicksal versprochenen Bräutigam träumen und, so der Glaube, in kürzester Zeit das heilige Sakrament der Ehe erfahren…

„Zieh ab, Sonne, komm hervor, Mond
und stimme die Sânziene gütig,
dass ihre Blüte – Blume werde
honiggelb und riechend süßlich
dass die Mädchen sie mir brechen
und sie sich zu Kränzen flechten…

Du-te soare, vino lună
pe sânziene le îmbună
să le crească floarea – floare
galbena, mirositoare
fetele să le dune
să le prindă în cunune…“

Von die Darstellung bei Tiny Griffon Gallery.
Photo: Sorin Albu

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